Draußen zieht sich der Himmel zu; ein Blick auf die Wetter-App verrät, wann es regnen soll. Die Milch ist alle; Abhilfe soll der Partner schaffen, dem das per Nachricht über einen Messengerdienst mitgeteilt wird.
Udo Beckmann
Bundesvorsitzender Verband Bildung und Erziehung e. V.
Auf die neuesten Nachrichten warten wir schon längst nicht mehr, bis sie morgen in den Zeitungen stehen; ein vielfältiges App-Angebot versorgt einen mit dem Wichtigsten des Tages. In allen Lebensbereichen nutzen wir ganz selbstverständlich die Annehmlichkeiten, welche die Digitalisierung mit sich bringt. Dort, wo das digitale Angebot im Vorteil ist, wird es eher genutzt als das analoge. Genau das wünschen wir uns auch für die Schule.
Wo der Einsatz digitaler Endgeräte einen Mehrwert hat, sollte es möglich sein, diese zu nutzen. Ein Lehrbuch zu digitalisieren, heißt dabei nicht, dass das Lehrbuch auf dem Tabletcomputer angesehen wird, sondern dass die Möglichkeiten des Mediums genutzt werden – zum Beispiel durch die Einbindung kurzer Lernvideos, kurzer Wissenstests zur Selbstüberprüfung und die Möglichkeit des gemeinsamen Arbeitens am Smartboard.
Die vom VBE in Auftrag gegebene Forsa-Umfrage unter Schulleitungen zum Thema Digitalisierung zeigt jedoch auch 2019 ein verheerendes Bild: Jeweils nur jede dritte Schulleitung berichtet davon, dass es Zugang zu schnellem Internet und WLAN gibt und dass es mindestens einen Klassensatz an digitalen Endgeräten für die Schülerinnen und Schüler gibt. Das zeigt uns: Die Fortschritte bei der Ausstattung der Schulen halten nicht Schritt mit der tatsächlichen Weiterentwicklung der Gesellschaft und Arbeitswelt. Hinzu kommen gravierende Defizite bei der Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte und bei der Unterstützung der Schulen bei so weitreichenden Verwaltungsvorgaben, wie sie durch die EU-Datenschutzgrundverordnung entstanden sind.
Während die Digitalisierung im Alltag Einzug gehalten hat, bleibt sie in der Schule weiter außen vor. Manche beruhigt das. Einige verharren nämlich auf der Position, dass Kinder frühestens ab dem Alter von 14 Jahren mit Digitalem in Berührung kommen sollten. Unsere Meinung dazu ist eine pragmatische: Es ist realitätsfremd, Kinder in einer Welt, in der Eltern und andere Erwachsene den permanenten Umgang mit Smartphone und Co vorleben, davon fernhalten zu wollen. Zudem verkennen Menschen, die Angst haben, die Schülerinnen und Schüler würden im Unterricht nur „daddeln“, gleich zweierlei: Erstens wird eine Lehrkraft immer unter dem Primat der Pädagogik agieren und gut abwägen, wann der Einsatz digitaler Endgeräte einen Mehrwert bringt. Und zweitens ist es doch besser, Kindern und Jugendlichen die zugrunde liegenden Mechanismen der Technologie beizubringen, als darauf zu vertrauen, dass sie selbst ihren Medienkonsum regeln und die komplexen Prozesse verstehen. Hierin liegt eine große Chance: Durch die Vermittlung von Medienkompetenz in der Schule können wir etwas erreichen, was vorhergehenden Generationen nicht vergönnt war, nämlich den kontrollierten, informierten und damit mündigen Umgang mit den Möglichkeiten, welche die Digitalisierung bietet.