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Die ketogene Ernährungstherapie ist eine therapeutische Ernährungsform, die z. B. bei der Behandlung von Kindern mit Epilepsie erfolgreich zum Einsatz kommt. Wir sprachen mit der Ärztin Dr. med. Christine Makowski und der Diätassistentin Charlotte Griese über diese Form der Behandlung.

Die ketogene Ernährungstherapie (KET) ist inzwischen fester Bestandteil der Behandlung kindlicher Epilepsien.

Dr. med. Christine Makowski

Fachärztin Kinder- und Jugendmedizin
Schwerpunkt Neuropädiatrie iSPZ Hauner
LMU Zentrum für Entwicklung und komplex chronisch kranke Kinder
Epilepsiezentrum München
Leitung Angelman-Zentrum und Ketogene Ernährung

Charlotte Griese

Diätassistentin | Ernährungsberatung Epilepsie-Zentrum Bethel | Krankenhaus Mara gGmbH Universitätsklinikum OWL der Universität Bielefeld Campus Bielefeld-Bethel

Fotos: Privat

Man kann fast jedes Gericht in ketogen umwandeln.

Was ist Epilepsie?

Dr. Makowski: Epilepsie ist eine Erkrankung des Gehirns, bei der es ohne Grund zu epileptischen Anfällen kommt, bedingt durch ein Ungleichgewicht zwischen Hemmung und Erregung der Nervenzellen. Es gibt ein sehr breites Spektrum: Es gibt sehr gutartige Verläufe mit nur wenigen Anfällen und sehr schwere. Die Behandlung erfolgt in der Regel mit Medikamenten.

Was ist die ketogene Ernährungstherapie?

Dr. Makowski: Die ketogene Ernährungstherapie (KET) ist inzwischen fester Bestandteil der Behandlung kindlicher Epilepsien. Die KET ist eine sehr fettreiche, kohlehydratarme Ernährungstherapie, die zu einer Umstellung des Stoffwechsels führt.

Frau Griese: Es gibt verschiedene Formen der KET, deren Lebensmittelauswahl sich in kleinen Details unterscheidet. Lebensmittel, die Kohlenhydrate enthalten, sind stark begrenzt oder können nicht mehr verzehrt werden. Verzichtet werden muss z. B. auf Süßigkeiten, Brot, Brötchen, Nudeln, Kartoffeln, Reis, zuckerhaltige Getränke, Gebäck, Mehle, Müsli und Getreide. Kohlenhydrathaltige Lebensmittel wie Gemüse und Obst sind in deutlich kleineren Mengen als gewöhnlich möglich. Dafür sind sehr fettreiche Lebensmittel wie Butter, Margarine, verschiedene Öle, Sahne, Creme fraiche, Mascarpone und Nüsse Lebensmittel, die sehr häufig verzehrt werden müssen. Eiweißreiche Lebensmittel wie z. B. Eier, Fleisch und Fisch dürfen weiterhin verzehrt werden.

Ist diese Therapieform sicher?

Dr. Makowski: Die KET ist sicher und verträglich. Es müssen vorab bestimmte Stoffwechselerkrankungen ausgeschlossen werden. Es gibt etliche klinische Studien zur KET.

Wie wirkt sie und wem kann sie helfen?

Dr. Makowski: Die Wirkungsweise bei Epilepsien ist gut bekannt, ab dem 2.-3. Medikament hat die KET eine höhere Effektivität auf die Anfallskontrolle als weitere medikamentöse Therapien. Neben der Anfallskontrolle berichten viele Patienten von einer besseren Aufmerksamkeit.

Wie sieht so eine ketogene Diät auf dem Teller aus?

Frau Griese: Man kann fast jedes Gericht in ketogen umwandeln. Für Nudeln, Reis und Brot findet man gute Alternativen, die anfangs etwas anders schmecken und aussehen, aber man gewöhnt sich gut daran. Für Kartoffelbrei kann man z. B. als Alternative Blumenkohl oder Kohlrabipürree mit Butter und Sahne herstellen. Wichtig ist es, dafür zu sorgen, dass das Fett gut verpackt ist, damit man dann optisch keinen großen Unterschied zur normalen Ernährung sieht. Selbst für Pizza und Pfannkuchen gibt es Möglichkeiten, das ganze ketogen zu gestalten.

Welche Ressourcen gibt es für Betroffene?

Frau Griese: Es gibt Spezialprodukte von verschiedenen Firmen, z. B. Pulver, die als Mehlersatz dienen oder fertige Shakes. Mittlerweile gibt es im Internet verschiedene Websites, die eine große Auswahl an Rezepten, Anregungen und Tipps geben. Es gibt auch Berechnungsprogramme oder Apps, mit denen das ganze leichter zu gestalten ist.

Außerdem ist es gut, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen, beispielsweise in Patientenvereinigungen oder Selbsthilfegruppen. Des Weiteren ist für den Austausch auch immer die Zeit im stationären Aufenthalt zur Kontrolle gut, um mögliche Probleme zusammen mit der Ernährungsfachkraft zu lösen oder Tipps zu bekommen.

Wo wird die Ketogene Ernährungstherapie in Deutschland angeboten?

Dr. Makowski: Es gibt etliche Kliniken und Zentren, die diese Ernährungstherapie durchführen. Wir haben regelmäßige Arbeitskreise und untereinander einen intensiven Austausch. Voraussetzung ist neben der ärztlichen Betreuung auch und in erster Linie die Ernährungstherapie, ohne die keine Einstellung möglich ist. Ich arbeite seit vielen Jahren sehr erfolgreich mit Simone Nöbel zusammen und wir machen alle Einstellungen, Gespräche und Verlaufskontrollen gemeinsam. Auch die Küche und das Team der Klinik ist involviert, das ist notwendig für eine erfolgreiche Umsetzung. Auch sollte das Klinikteam mit Notfallsituationen umgehen können, das ist aber in den meisten großen Kinderklinken der Fall. Meist erfolgt die Einstellung im Rahmen eines stationären Aufenthaltes. Wir haben bei uns ein etwas modifiziertes Programm etabliert mit intensiver Vor- und Nachbereitung im SPZ und einem kurzen stationären Aufenthalt in der Klinik über 3-4 Tage.
Am Einfachsten ist es, man informiert sich direkt bei seinem Behandlungszentrum.

Mit etwas Kreativitat konnen wir alles so zubereiten, dass Ava es auch essen kann

Foto: Privat

Ava wird bald vier Jahre alt und hat eine seltene Form von Epilepsie: Das Dravet-Syndrom. Nachdem keine medikamentöse Therapie ihr helfen konnte, wurde Ava auf die ketogene Ernährung eingestellt. Ihre Mutter Inga Michaelis erzählt uns, wie diese Therapie Avas Lebensqualität verbessert hat und wie sie diese Ernährungsform in den Alltag integriert haben.

Mit sechs Monaten hatte sie ihren ersten Krampfanfall. Nach einer langen Odyssee an Untersuchungen wurde schliesslich die Diagnose Dravet-Syndrom gestellt. Es handelt sich dabei um eine seltene Epilepsie im Kindesalter. Ava hat verschiedenste Medikamente bekommen, die alle nicht wirksam waren. Eine Medikamentenkombination hat schliesslich sogar ihrer Entwicklung geschadet: Sie hatte Schlafstörungen, keine Kraft mehr zum Laufen und hörte auf zu sprechen. Ein Zustand, den wir so nicht hinnehmen wollten. Wir baten darum, die ketogene Diät als Möglichkeit für Ava auszuprobieren. In der Kinderklinik wurde Ava dann auf die ketogene Ernährung eingestellt.

Gleich am zweiten Tag der Einführung der ketogenen Ernährung war Ava bereits in Ketose. Sie hatte mehr Kraft zum Laufen und sprach wieder mehr. Außerdem schlief sie nachts viel besser.

Auch Avas Anfallslage hat sich bis heute deutlich verbessert. Die Anfallsdauer ist kürzer, sie hat weniger Krampfanfälle. Wir konnten die ketogene Ernährung gut in unseren Alltag integrieren. Tatsächlich ist es viel einfacher, als es auf den ersten Blick erscheint. Mit etwas Kreativität können wir alles so zubereiten, dass Ava es auch essen kann.

Ava kocht sehr gerne gemeinsam mit uns und kennt das genaue Abwiegen der einzelnen Zutaten. Ansonsten macht Ava viele Dinge, die andere Kinder in ihrem Alter auch gerne machen. Zum Beispiel lesen wir viel. Am liebsten Bilderbücher und am allerliebsten das Buch «Ava & Groot – von Epilepsie und Superhelden».

Dieses Sachbilderbuch, in dem Ava und Groot die Erkrankung Epilepsie erklären, habe ich für meine Tochter geschrieben und illustriert, um ihr und den Kindern im Kindergarten die Erkrankung zu erklären. Darin wird auch das Superheld:innen-Essen – ketogene Ernährung – kindgerecht erklärt.

Du interessierst dich für die Ketogene Ernährungstherapie?

Hier findest du weitere Erfahrungsberichte, nützliche Information und Rezepte:
www.kanso.com

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