Die Erkrankung CTX (Cerebrotendinöse Xantomathose) ist eine seltene vererbbare Stoffwechselerkrankung, bei der der Gallensäurestoffwechsel der betroffenen Patienten gestört ist. Eine frühe Diagnose und Therapie-Einleitung sind extrem wichtig, da die Erkrankung bei nicht diagnostizierten Patienten unaufhaltsam fortschreitet und zu schweren Einschränkungen bis hin zum Tod führen kann. Die Kindergastroenterologin Dr. Simone Stolz erklärt, wie die Erkrankung diagnostiziert und den Patienten geholfen werden kann und auf welche Symptome Eltern und Ärzte achten sollten.
Die Erkrankung CTX macht sich in den meisten Fällen bereits im frühen Kindesalter bemerkbar. Was macht die Diagnose denn so schwierig?
Bei der CTX handelt es sich um eine seltene Stoffwechselerkrankung (Inzidenz in Abhängigkeit von der Region 1: 36 000 bis 1: 260 000, geschätzt in Europa 1: 50 000), die man kennen muss, um eine gezielte Labordiagnostik einzuleiten. Der wesentliche Laborparameter – die Bestimmung von Cholestanol im Blut – ist kein Routineparameter, wird also nicht regulär bei kranken Kindern im Rahmen der Diagnostik bestimmt. Zusätzlich fehlt anfangs das namensgebende Symptom „Sehnenxanthome“. Andere Symptome im Säuglings- und Kleinkindalter sind unspezifisch und treten bei vielen anderen, sehr viel häufigeren Krankheitsbildern in dem Alter auf. Dazu gehören anhaltende Durchfälle, eine Cholestase (einhergehend mit anhaltender Gelbfärbung der Haut beim Neugeborenen und Säugling), später eine Linsentrübung (Katarakt), neurologische Auffälligkeiten oder Knochenveränderungen.
Ich selbst bin Kindergastroenterologin und beschäftige mich nahezu täglich mit der Differenzialdiagnose von chronischen Durchfällen im Kindesalter. Die CTX war dabei noch vor wenigen Jahren nicht als mögliche Ursache der Durchfälle bekannt und wird auch jetzt noch nicht in allen Kliniken in die diagnostischen Überlegungen einbezogen.
Warum ist es so extrem wichtig, die Erkrankung so früh wie möglich zu diagnostizieren?
Die CTX ist bei rechtzeitiger Diagnosestellung durch eine medikamentöse Therapie gut behandelbar. Der Zeitpunkt des Therapiebeginns ist von entscheidender Bedeutung für den Behandlungserfolg, hier gilt: je früher, desto besser. Da es sich um körpereigene (endogene) Substanzen bei der Therapie handelt, sind die Nebenwirkungen in der Regel überschaubar.
Eine frühe Diagnose stellt zudem auch eine Entlastung der Eltern dar, die oft auf der Suche nach Hilfe für ihr krankes Kind von Arzt zu Arzt gegangen sind, ihren Kindern viele belastende Diäten zur Therapie der Durchfallerkrankung zumuten mussten oder sich Vorwürfen der Umwelt bei Verhaltensauffälligkeiten der Kinder ausgesetzt sahen.
Im Rahmen des Neugeborenenscreenings wird ja auch auf einige seltene Erkrankungen getestet. Wäre es sinnvoll, auch CTX hier mit aufzunehmen, um den betroffenen Kindern und ihren Eltern den oft schweren Diagnosemarathon zu ersparen?
Für die Aufnahme ins Neugeborenenscreening gibt es feststehende Kriterien der WHO. Es muss sich im Wesentlichen um eine ernsthafte Erkrankung handeln, deren Ursache bekannt ist, die sich nach einem latenten oder frühsymptomatischen Stadium manifestiert, die behandelbar ist und für die geeignete Untersuchungsmethoden zur Verfügung stehen. Dies trifft auf die CTX zu. Zusätzlich gibt es Erkenntnisse aus Familienuntersuchungen, die zeigen, dass ein Therapiebeginn vor Auftreten jeglicher Symptome die typischen Krankheitssymptome vollständig verhindern kann. Dies Alles spricht für eine Aufnahme ins Neugeborenenscreening.
Wenn dann die Diagnose gestellt ist und die Therapie eingeleitet wird: Können die betroffenen Kinder ein normales Leben führen?
Dies hängt von zwei Dingen ab: Zum Einen von der Ausprägung der Erkrankung. Da es eine genetische Erkrankung ist, gibt es unterschiedliche Schwergrade, die teilweise von der zugrunde liegenden Mutation (dem Gendefekt) abhängen. Zum Anderen beeinflusst der Zeitpunkt des Therapiebeginns den Verlauf. Ein früher Therapiebeginn kann klinische Symptome und eine resultierende Behinderung verhindern. So zeigten zwei Schwestern, die ab dem 2. Lebensjahr behandelt wurden, auch im Erwachsenenalter weder eine Linsentrübung noch Xanthome oder neurologische Auffälligkeiten, Laborwerte waren unauffällig und eine der Patientinnen war im Alter von 21 Jahren Mutter zweier gesunder Kinder. Bei späterem Therapiebeginn ist entscheidend, wie ausgeprägt die einzelnen Symptome schon vorhanden waren. Wobei auch eine später begonnene Medikation im höheren Alter und bei fortgeschrittener Symptomatik einen positiven Effekt haben kann. Dies mit Sicherheit auf die Durchfälle, die oft schon nach wenigen Tagen sistieren. Aber auch neurologische Symptome wie Gangstörungen oder Krampfanfälle sowie die kognitive Leistungsfähigkeit können durch die Therapie verbessert werden.
Welche Hilfsangebote gibt es für betroffene Familien?
Wie bei allen seltenen Erkrankungen ist der Kontakt zu anderen Betroffenen für die Familien sehr wichtig, aber eben nicht leicht zu realisieren. Im Internet findet man lediglich Kurzbeschreibungen der Erkrankung, die für Betroffene wenig hilfreich sind und oft verunsichern.
Hier ist die Hilfe durch uns Behandler nötig. Zunächst muss erfasst werden, wo die Patienten betreut werden und wie der Bedarf nach Gründung einer Selbsthilfegruppe ist. Vorstellbar ist dann ein erstes Treffen, zum Beispiel organsiert durch den Verein für angeborene Stoffwechselerkrankungen in Berlin (VfASS), dessen Mitglied ich bin.
Information
Weiterführende Informationen zu CTX finden Sie unter www.elaev.de/cerebrotendinoese-xanthomatose und auf www.se-atlas.de unter dem Suchbegriff ‘Xanthomatose, zerebrotendinöse’.
Sie sind Arzt? Hier erfahren Sie mehr zu CTX: flexikon.doccheck.com