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Kindergesundheit

Zwischen Babybauch, Geburt und Wochenbett: “Ich sehe meine Aufgabe darin, Eltern in ihrer Intuition zu bestärken!“

Fotos: Gina Walkowiak

Wenn ein neues Leben entsteht, ist es immer wieder ein kleines großes Wunder. Sissi Rasche ist vierfache Mutter und freiberufliche Hebamme: Sie hat dieses Wunder selbst mehrfach erlebt und begleitet jedes Jahr viele Frauen in der Schwangerschaft, bei der Geburt und im Wochenbett. Wir sprachen mit ihr über diese besondere Zeit, die gleichzeitig voller Zauber und neuer Herausforderungen ist.

Liebe Sissi, du bist vierfache Mutter und freiberufliche Hebamme. Was sind die Themen, die Frauen während der Schwangerschaft am stärksten beschäftigen?

Zunächst sind Frauen bei der ersten Schwangerschaft oft verwundert, wie früh man sich um eine Hebamme kümmern muss, wenn man sich eine solche Betreuung wünscht. Am besten sollte man sich direkt melden, sobald der Schwangerschaftstest positiv ist. Denn eine Hebamme kann wirklich so viel leisten! Auch die psychische Komponente spielt eine große Rolle, denn plötzlich ist der Wunsch nach einem Kind real geworden und man muss sich damit befassen, was sich nun ändert. Der Körper stellt sich um, die Essgewohnheiten werden angepasst, vielleicht kommen körperliche Beschwerden wie Übelkeit hinzu, auch die Partnerschaft verändert sich. Unsere Gesellschaft malt immer ein sehr blumiges Bild von der Schwangerschaft, aber nicht alle Gefühle und Erfahrungen sind positiv. Das ist eine große Herausforderung für werdende Mütter.

Du begleitest Mütter in ihrem wahrscheinlich verletzlichsten, aber auch stärksten Moment: der Geburt. Wie kann man sich auf dieses monumentale Ereignis vorbereiten?

Die Frauen, die ich betreue, sind in der luxuriösen Situation, dass ich sie die gesamte Geburt über begleite. Ohne feste Hebamme kann es durchaus mitten im Geburtsprozess zum Schichtwechsel kommen und die Frau muss sich erst einmal auf die neue Person einstellen, die die Geburt betreut. Da ich die Frauen schon in der Schwangerschaft begleite, entsteht ein ganz besonderes Vertrauensverhältnis. Ich kenne die Bedürfnisse, Wünsche, Ängste und kann ganz individuell darauf eingehen. Diese eins zu eins-Betreuung ist für mich der zentrale Punkt einer guten Geburtshilfe. Wenn alle Frauen die Möglichkeit hätten, diese Erfahrung zu machen, würde es meiner Meinung nach viel weniger traumatische Geburtserlebnisse geben. Das ist aber leider nicht immer möglich, darüber haben wir erst kürzlich im Hebammensalon Podcast gesprochen. In dem Fall hilft es, sich vorab Gedanken zu machen, wo man gebären möchte, wie das Set-Up aussehen könnte und was man sich für die Geburt wünscht. Hier kann auch ein Geburtsplan helfen, den man vorab erstellt und der bei einer normal verlaufenden Geburt zum Einsatz kommen kann.

Du stehst den frischgebackenen Eltern auch im Wochenbett zur Seite. Wie schafft man in dieser besonderen Zeit den Spagat zwischen dringend notwendiger Erholung und Einfi ndung im neuen Alltag?

Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Wer mich kennt, weiß, dass ich ein Wochenbett-Apostel bin [lacht]. Das Wochenbett ist kein Hygge-Moment, sondern eine medizinische Anordnung. Die wichtigsten Rückbildungsvorgänge passieren in den ersten 14 Tagen nach der Geburt. Diese Zeit braucht Ruhe und muss Raum für Regeneration schaffen, für Mutter und Kind gleichermaßen. Man sollte sich als Paar also schon vorab Gedanken machen, wie man diese Zeit gestalten kann und wo man ggf. Hilfe bekommt. Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen zum Beispiel Mütterpflegerinnen, die dafür ausgebildet wurden, Frauen im Wochenbett zu begleiten. Eine Anlaufstelle dafür ist das Mütterpflegenetzwerk. Aber auch Freunde und Familie können einbezogen werden, indem sie Einkäufe erledigen, Essen kochen, sich mit um ältere Kinder kümmern. Außerdem gibt es mittlerweile auch Wochenbett-Pflegenetzwerke, in denen sich Menschen ehrenamtlich engagieren, um deutschlandweit Frauen im Wochenbett zu unterstützen.

Die gesunde Entwicklung der neuen Familienmitglieder ist für Eltern das wichtigste. Was sind für dich die wichtigsten Punkte, wenn man Kindern einen gesunden Start ins Leben schenken möchte?

Ein gesunder Start für das Kind fängt mit einem guten Wochenbett an. Das Kind muss die Chance haben, in Ruhe in der Welt anzukommen und sich zu erholen. Denn auch für das Kind ist die Geburt ein unglaublich anstrengender Moment. Die vorgeschriebenen Untersuchungen sollte man in jedem Fall wahrnehmen, aber auch zusätzliche Angebote wie manuelle Therapie z. B. beim Osteopathen oder Physiotherapeuten können Kindern helfen, die vielleicht Verspannungen haben und sich dadurch unwohl fühlen. Wenn das Stillen nicht gleich klappt, können Stillberaterinnen helfen.

Kinder entdecken die Welt aufmerksam und gleichzeitig immer spielerisch. Wie können Eltern ihre Kinder dabei unterstützen?

Was ich meinen Eltern stets mitgebe ist, dass sie die natürliche motorische Entwicklung ihrer Kinder recht einfach unterstützen können. Das heißt konkret, sich möglichst häufi g mit den Kindern auf einer nicht zu weichen Krabbeldecke auf den Boden zu legen, damit Kinder ihren Körper kennenlernen und ein Gefühl dafür bekommen, welche Bewegungen ihr kleiner Körper schon schafft. So lernen sie, sich zu drehen und später in den Unterarmstütz zu wechseln. Babywippen sind sicher für kurze Momente eine tolle Sache, aber sie sollten nicht zum Daueraufenthaltsort werden. Kinder müssen sich frei bewegen können. Zudem sollten die Kleinsten nicht mit zu vielen Reizen überflutet werden. Besonders bei Spielsachen ist weniger mehr! Ich arbeite zu Beginn sehr gern mit Kontrastkarten, das lieben die meisten Kinder sehr. Dabei kann man auch wunderbar mit den Kindern kommunizieren. Dann hat das Kind auch die Möglichkeit, selbst Impulse zu geben und den Eltern zu zeigen, was ihm Spaß macht. Ich sehe meine Aufgabe darin, Eltern in ihre Intuition zurückzuholen, sich nicht unnötig zu stressen und auf ihr Bauchgefühl zu hören.

Weitere Informationen zu Wochenbett-Pflegenetzwerken finden Sie unter:

Jeden Dienstag gibt es eine neue Folge des Podcasts “Hebammensalon mit Sissi Rasche und Kareen Dannhauer: Uberall, wo es Podcasts gibt!

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