Die heutige Gesellschaft ist stark von Leistungsanforderungen geprägt. Unsere Identität wird vermehrt durch Leistung bestimmt, sodass wir oft Zuwendung, Aufmerksamkeit & Bewunderung vermeintlich nur über Erfolg erlangen können.
Hier geht es zunehmend auch um die psychosozialen und sozio-emotionalen Lebensfelder.
Letztendlich kann ein ganzes familiäres System durch solche Aspekte ins Trudeln geraten.
So soll das Kind brav sein, um die Eltern nicht zu belasten, soll bei seelisch belasteten Eltern zum Beispiel durch Trennung sogar Unterstützer, Tröster sein, eventuell will es aber auch mit der eigenen Symptomatik einfach nur von der elterlichen Not ablenken.
Eltern hingegen verfallen geradezu in einen Mutter- und Vater-Narzissmus in dem es eben dann zusätzlich zum beruflichen Erfolg um den sozialen Erfolg und auch um den emotionalen Erfolg als Eltern geht: “Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die beste Mutter/der beste Vater im ganzen Land?!”
Hier kommt es dann auch beispielhaft zu Äußerungen gegenüber den eigenen Kindern, dass letztendlich die formalen Leistungen in der Schule nicht mehr im Vordergrund stehen, sondern ihr persönliches Glück, dass sie sich doch keinen Druck machen sollen et cetera Kinder, die in solchen Kontexten aufwachsen, schenken diesen Aussagen und diese Lippenbekenntnissen oft nur wenig Glauben, da sie oft – zu Recht – vermuten, dass dies von den Eltern ja im Grunde nur mitgeteilt wird, um eben auch als Eltern besonders entlastend und kindbezogen Botschaften zu senden und im positiven Sinne als gute Eltern wahrgenommen zu werden.
Dazu kommt, dass die eigenen Kinder hochsensitiv sind für die eigenen Leistungsansprüche in anderen Kontexten, sodass hier die Glaubwürdigkeit dieser Aussagen noch einmal mehr abgemildert wird.
In diesem komplexen, neurotischen Feld kommt es zu zahlreichen Kränkungen, Irritationen und Verunsicherungen, die dann auf der Ebene des Kindes mit
Symptombildung einhergehen können, dies kann dann zu Prüfungsangst, Depression, Schulvermeidung, aber auch zu Anorexie, Selbstverletzung und Drogenkonsum führen.
Letztendlich kann ein ganzes familiäres System durch solche Aspekte ins Trudeln geraten.
Die Diskrepanz zwischen dem familiär-kollektiven Selbstwertgefühl und dem höchsten, eigentlich nicht erreichbaren Anspruch lässt diese Familien dann hinter ihren Möglichkeiten bleiben.
Wir sehen in unserem klinischen Kontext eine Zunahme dieser intrafamiliären Problematik, können aber durch intensiv-psychotherapeutische Maßnahmen gerade im Kindes- und Jugendalter noch frühzeitig hilfreich intervenieren, indem die Symptome dann nicht auf oberflächliche Aspekte wie eine Störung des Sozialverhaltens oder Mediensucht et cetera reduziert werden, sondern man mit der gesamten Familie die komplexen Gefüge analysiert und offen und transparent enttabuisiert-kommuniziert.
Narziss scheitert nicht daran, dass er sich in sich selbst verliebt, sondern daran, dass er sich in jemanden verliebt, bei dem er nicht erkennt, dass er es selbst ist, und darum meint, er müsse jemand anderes sein, was dazu führt, dass er ein ganz anderer, ein viel Schlechterer wird.