Dr. med. Celine Schlager ist Ärztin in einer Kinderklinik, (werdende) Mama und brennt dafür, Kindern und ihren Eltern zu helfen. Daher ist sie auch auf Instagram als @DR.MED.CELINE aktiv und gibt zahlreiche Tipps rund um die Kindergesundheit. Im Interview haben wir mit ihr über das Thema Kinderhaut gesprochen.
Kinder sind keine kleinen Erwachsenen! Warum gilt das auch für die Haut?
Kinderhaut ist anders als die von Erwachsenen – in ihrem Aufbau, ihrer Reaktion und in ihrem Pflegebedürfnis. So ergeben sich im Umgang, der Diagnose und der Behandlung von Kinderhaut besondere Anforderungen. Die Haut von Babys und Kleinkindern ist bis zu fünfmal dünner als erwachsene Haut. Die Hornschicht ist besonders dünn, wobei die Zellen weniger dicht angeordnet sind als bei Erwachsenen. Schweiß- und Talgdrüsen arbeiten noch nicht in ihrem vollen Umfang, daher sind der Hydrolipidfilm und der Säureschutzmantel noch schwach ausgebildet. Das bedeutet, dass die Barrierefunktion der Haut beeinträchtigt ist. Babyhaut ist somit weniger widerstandsfähig, durchlässiger für Keime sowie schädliche Substanzen und neigt zum Austrocknen. Auch direkte Sonnenstrahlung kann der Kinderhaut zusetzen, denn die Pigmentierung ist noch reduziert. Die Pigmentzellen der Haut sind zwar vorhanden, produzieren jedoch weniger pigmentbildende Stoffe (Melanin). Hinzu kommt, dass Babys ihre Körpertemperatur noch nicht optimal regulieren können: Die Körperoberfläche ist verhältnismäßig groß, die Schweißdrüsen arbeiten noch nicht auf Hochtouren und die Durchblutung der Haut ist vermindert. Somit können sich äußere Einflüsse stärker auf die Kinderhaut auswirken und sie kann leichter aus dem Gleichgewicht geraten als die Haut von Erwachsenen.
Klirrende Kälte draußen, trockene Heizungsluft in Innenräumen. Was bedeutet das für die Hautpflege? Welche Eigenschaften müssen Pflegeprodukte mitbringen, welche nicht?
Kinderhautpflege sollte kindgerecht und auf den natürlichen Aufbau der empfindlichen kindlichen Haut abgestimmt sein. Besonders im Winter ist die Kinderhaut nämlich noch empfindlicher, denn die Blutgefäße der Haut ziehen sich bei Kälte zusammen, damit die Wärme im Körper bleibt und nicht über die Haut abgegeben wird. Das führt aber gleichzeitig zu einer verminderten Nähr- und Sauerstoffzufuhr. Der Stoffwechsel der Haut läuft bei Kälte also auf „Sparflamme“. Die Talgdrüsen produzieren weniger Talg, der Fettfilm der Haut wird dünner und der Schutz vor Verdunstung nimmt ab. Somit ist die Haut im Winter weniger geschützt und trockener. Heizungsluft entzieht der empfindlichen Kinderhaut im Winter dann noch zusätzliche Feuchtigkeit. Deswegen benötigen Kinder im Winter rückfettende Pflege. Die Pflegecreme darf jetzt ruhig etwas reichhaltiger sein. Schutzcremes bilden eine dünne Isolationsschicht auf der Haut und verhindern, dass sie bei Kälte und Wind zu viel Feuchtigkeit verliert. Nicht geeignet sind hingegen Feuchtigkeitscremes. Sie fühlen sich zwar zunächst angenehm auf der Haut an, allerdings verdunstet der darin enthaltene Wasseranteil und entzieht der Haut zusätzlich Feuchtigkeit. Sie trocknen die Haut also zusätzlich aus. Vergessen Sie auch nicht die Lippen des Kindes, denn diese sind 20-Mal dünner als die Gesichtshaut und besitzen kaum Talgdrüsen. Somit trocknen sie besonders schnell aus und benötigen ebenfalls eine fetthaltige Pflege. Nutzen Sie am besten Pflegeprodukte speziell für Kinder mit natürlichen Inhaltsstoffen ohne Parabene, Mineralöle, Konservierungs-, synthetischen Duft und Farbstoffen. Denn diese können die empfindliche Haut zusätzlich reizen. Tipp: Pflegeprodukte mit dem Hinweis „sensitiv“ oder „sensibel“ enthalten oft weniger Zusätze. Außerdem sollte Ihr Kind ausreichend trinken, denn Kälte und trockene Luft entziehen dem Körper über die Atmung Flüssigkeit. Daher ist im Winter nicht nur die Haut, sondern der ganze kindliche Körper von Austrocknung bedroht.
Wahren Sie die Selbstständigkeit und lassen Sie Ihr Kind sich selbst eincremen. Vielen Kindern ist es wichtig, selbst zur Cremetube greifen zu dürfen. Unter Anleitung und mit ein bisschen Hilfe klappt das dann meist schon im Kindergartenalter ganz gut.
Aber heißt es nicht, wer zu viel cremt, gewöhnt die Haut daran?
Da gibt es widersprüchliche Studien; einige bestätigen einen Gewohnheitseffekt, andere konnten zeigen, dass die Haut sich nach wenigen Tagen wieder ausreichend selbst versorgen kann. Deswegen gilt es hier, die Bedürfnisse der Haut des eigenen Kindes zu beobachten. Gerade im Winter braucht jedoch die Kinderhaut meist Unterstützung. Allerdings gilt hier nicht: „Viel hilft viel.“ Denn wird die Creme zu dick aufgetragen, kann die Haut nicht mehr genug Wärme und Feuchtigkeit abgeben. In Studien wurde zusätzlich untersucht, wie sich frühes Eincremen auf die Hautbarriere von Babys auswirkt. Hier zeigte sich, dass sich, ganz gleich ob Hautpflege mit klarem Wasser, Badezusatz oder Pflegecreme, die Hautbarriere entwickelt. Neugeborene, bei denen eine Creme zweimal wöchentlich verwendet wurde, hatten sogar eine etwas bessere Hautfeuchtigkeit im Vergleich zu denen, die nur in Wasser gebadet wurden. Solange die Badehäufigkeit bei zweimal pro Woche liegt, baut sich die Hautbarriere auf, ganz gleich ob mit oder ohne Creme. Anders sieht es jedoch bei Kindern mit erblicher Veranlagung für Neurodermitis aus. Hier ist die Hautbarriere durchlässig, weshalb sie sehr empfindlich auf äußere Reize reagiert, schneller austrocknet und zu Entzündungen neigt. Bei diagnostizierter Neurodermitis gehört ein- bis zweimal täglich das Eincremen dazu. Zudem gibt es Hinweise, dass Kinder mit einem Risiko für Neurodermitis vom präventiven Eincremen ab Geburt profitieren können.
Haben Sie Alltagstipps für Kratzekinder? Wie gelingt das Eincremen spielerisch?
Das ist natürlich von Kind zu Kind individuell. Ein paar hilfreiche Tipps können sein:
- Wärmen Sie die Creme vorher in der Hand an. Denn diese ist häufig unangenehm kalt und lässt sich in diesem Zustand meist auch nicht richtig verreiben. Das kann für Ihr Kind unangenehm sein.
- Lassen Sie erst sich selbst eincremen und dann lässt sich Ihr Kind eincremen. Vielleicht muss auch mal die Puppe dran glauben. Häufig sind die Kinder dann ganz begeistert.
- Wahren Sie die Selbstständigkeit und lassen Sie Ihr Kind sich selbst eincremen. Vielen Kindern ist es wichtig, selbst zur Cremetube greifen zu dürfen. Unter Anleitung und mit ein bisschen Hilfe klappt das dann meist schon im Kindergartenalter ganz gut.
- Spielerisches Eincremen: Malen Sie Ihrem Kind Buchstaben oder Tiere auf den Rücken und Ihr Kind darf dann erraten.
- Benutzen Sie die Zaubercreme: Kaufen Sie gemeinsam eine schöne Dose oder basteln Sie zusammen eine Zauberdose für die Creme. Diese „Zaubercreme“ lassen sich die Kleinen dann häufig gerne auftragen.
- Ablenkung: Manchmal hilft es, ein schönes Lied oder ein Hörspiel nebenbei laufen zu lassen.
- Bewahren Sie Ruhe und planen Sie Zeit ein. Noch schöner wird es für die Kleinen, wenn Sie Streicheleinheiten oder Massagen in das Eincreme-Ritual mit einbauen.
- Verständnis zeigen: Reden Sie mit Ihrem Kind offen darüber, welche Gefühle es dem Eincremen gegenüber verspürt und warum es dies „doof“ findet. Vielleicht hat Ihr Kind ja auch eine tolle Idee, wie Sie gemeinsam das Eincremen angenehmer gestalten könnten.