Die Belastung entsteht nicht nur durch die Kinderlosigkeit an sich, sondern auch dadurch, dass dieses Thema nach wie vor ein gesellschaftliches Tabu ist.
Prof. Dr. Nicole Sänger
Direktorin der Klinik für Gynäkologische Endokrinologie
und Reproduktionsmedizin am Universitätsklinikum Bonn
Was ist besonders wichtig bei einer Kinderwunschbehandlung? Professor Dr. Nicole Sänger, Direktorin der Klinik für Gynäkologische Endokrinologie am Universitätsklinikum Bonn, gibt Einblicke in den Prozess.
Welchen ersten Schritt empfehlen Sie Patientinnen, die sich mit der Möglichkeit einer Kinderwunschbehandlung beschäftigen?
Man muss zunächst unterscheiden, ob die Patientin bereits versucht hat, auf natürlichem Weg schwanger zu werden, oder ob es sich um eine andere Ausgangslage handelt. Im ersten Fall empfehle ich, sich im ersten Schritt an die Frauenärztin oder den Frauenarzt zu wenden. Dort werden bestimmte Untersuchungen eingeleitet, wie etwa die Überprüfung des Zyklus oder die Untersuchung der Hormone. Manchmal wird auch schon ein Spermiogramm des Partners erstellt. Für Patientinnen, bei denen möglicherweise eine Diagnose vorliegt, die eine natürliche Empfängnis erschwert, erfolgt in der Regel die Überweisung an ein Kinderwunschzentrum. Wichtig ist dann die Wahl des passenden Zentrums. Mein Tipp ist, ein Kinderwunschzentrum in der Nähe zu wählen, damit die Besuche gut in den eigenen Alltag integriert werden können.
Was ist Ihnen besonders wichtig, wenn Sie Patientinnen durch eine Kinderwunschbehandlung begleiten?
Ein Kinderwunsch lässt sich gut planen – die Behandlungsschritte sind strukturiert und berechenbar. Das hilft Patientinnen und Paaren, Sicherheit zu gewinnen. Dennoch steht für uns die individuelle Betreuung an erster Stelle. Der Kinderwunsch ist ein sehr persönliches Thema, das emotional herausfordernd ist.
Daher ist es unser Ziel, die Patientinnen bestmöglich zu unterstützen, ihre Ängste ernst zu nehmen und ihnen einen klaren Weg zu zeigen.
Worauf achten Sie besonders bei der Durchführung einer Kinderwunschbehandlung?
Das Wichtigste ist, gemeinsam mit den Patientinnen und Patienten eine realistische und machbare Zielsetzung zu erarbeiten. Nicht immer ist eine künstliche Befruchtung die Lösung. In manchen Fällen reicht beispielsweise eine Gewichtsreduktion oder das Wiederherstellen eines hormonellen Gleichgewichts aus, um den Kinderwunsch zu erfüllen. Mir ist es wichtig, dass die Therapie individuell angepasst wird. Wir entwickeln eine Behandlungsstrategie, die auch die Lebensrealität der Betroffenen berücksichtigt. Dabei sehe ich mich als Partnerin in einem System; ich begleite die Patientinnen für einen Teil ihres Wegs. Regelmäßige offene Gespräche, gerade auch nach möglichen Rückschlägen, sind essenziell, um zu reflektieren, was bisher gut funktioniert hat und was wir optimieren können. Zudem setze ich gerne klare Etappen. So können wir beispielsweise vereinbaren, eine bestimmte Methode für eine festgelegte Anzahl von Zyklen oder bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu versuchen. Das gibt Struktur und Orientierung.
Kinderwunschbehandlung – die Erfüllung des Traums vom eigenen Kind
Marion Bock
Geschäftsführerin IBSA Germany
Der Wunsch nach einem Kind verbindet sie alle. Das macht die Arbeit in diesem Bereich so besonders und bewegend. Es ist ein Privileg, Paare und Singlefrauen auf ihrem Weg zum Wunschkind zu unterstützen, im Fall von IBSA Pharma mit hochwertigen Medikamenten zur Behandlung, und wir nehmen diese Verantwortung ernst.
Kinderwunschbehandlungen sind eine enorme Hilfe, wenn Paare auf natürlichem Weg keine Kinder bekommen können. Gleichzeitig ist der Prozess oft auch belastend. Was sind die größten Herausforderungen für Betroffene?
Das Thema ist sehr emotional und facettenreich. In Deutschland geht man laut Schätzungen davon aus, dass ca. jedes sechste Paar von Fruchtbarkeitsproblemen betroffen ist. Das ist eine sehr große Zahl, wenn man bedenkt, wie viele Menschen damit zu kämpfen haben. Die Nachricht, dass man möglicherweise unfruchtbar ist, trifft die meisten wie ein Schock. Der Weg durch verschiedene Behandlungszyklen – und gar mehrere Kinderwunschzentren – kann belastend sein. Die psychischen, physischen und auch finanziellen Belastungen sind enorm.
Wünschen Sie sich manchmal mehr Aufklärung zum Thema?
Absolut. Leider fehlt es oft noch immer an Wissen. Längst nicht allen Frauen ist bewusst, dass die Qualität ihrer Eizellen bereits ab Anfang 30 nachlässt. Es wäre wichtig, dass bereits in der Schule oder in der Öffentlichkeit – etwa durch Zeitungen oder Zeitschriften – mehr über dieses Thema aufgeklärt wird. Frauen sollten frühzeitig die Möglichkeit haben, ihre Fruchtbarkeit zu sichern, wenn sie später Kinder bekommen möchten.
Es ist ein emotionales Thema, bei dem man wirklich etwas bewirken kann. Mich hat sehr beeindruckt, zu sehen, wie vielfältig die Patientinnen sind – von Frauen in privilegierten gesellschaftlichen Lagen bis hin zu solchen mit einfacheren sozialen Hintergründen. Der Wunsch nach einem Kind verbindet sie alle.
Das macht die Arbeit in diesem Bereich so besonders und bewegend. Es ist ein Privileg, Paare auf ihrem Weg zum Wunschkind zu unterstützen, im Fall von IBSA Pharma mit hochwertigen Medikamenten zur Behandlung, und wir nehmen diese Verantwortung ernst.
Was sind aus Ihrer Sicht die größten Defizite im System? Wo könnten Kinderwunschzentren besser unterstützen?
Mit Empathie und Aufklärung. Als ich selbst einmal in einem Kinderwunschzentrum hospitiert habe, konnte ich mir ein Bild davon machen, dass sich nicht alle Betroffenen abgeholt oder so einfühlsam begleitet fühlen, wie sie es sich vielleicht in dieser Lebensphase wünschen. Wenn jemand monatelang oder sogar jahrelang versucht, ein Kind zu bekommen, und es nicht klappt, ist das eine psychische Belastung, die man nicht unterschätzen darf. Mich hat es emotional sehr bewegt, zum Beispiel bei einer Insemination oder bei einem Embryonentransfer, den Moment einer Befruchtung miterleben zu dürfen.
Von der Begrüßung an der Rezeption bis hin zu den Gesprächen mit den Ärzten – die Ansprache und die Haltung machen einen großen Unterschied. Aus diesem Grund ist es so wichtig, das Personal – sowohl die Ärzte als auch die medizinischen Fachangestellten – gut zu schulen und für die Emotionen der Patientinnen und Patienten zu sensibilisieren. Wir sollten auch offener über die Möglichkeiten und Grenzen der Behandlung sprechen.
Wie können Betroffene in diesem Prozess zusätzlich unterstützt werden?
Es gibt einige unterstützende Organisationen und Netzwerke, die wirklich wertvolle Arbeit leisten. Betroffene Frauen oder Paare finden hier einen Raum, um ihre Erfahrungen zu teilen und sich auszutauschen. Es gibt auch Influencerinnen, die ihre eigenen Geschichten öffentlich machen und damit andere ermutigen. Das sorgt für mehr Sichtbarkeit der Thematik und zeigt, dass niemand allein mit diesem Problem ist.
Ich denke, auch Unternehmen könnten hier mehr tun. In Deutschland herrscht immer noch eine recht konservative Haltung, wenn es um Themen wie Familienplanung oder Kinderwunsch geht. Manche Arbeitgeber sehen es kritisch, wenn Frauen ihre Fruchtbarkeit priorisieren oder gar darüber sprechen, dass sie Unterstützung in Anspruch nehmen. Hier ist teilweise in anderen Ländern, zum Beispiel in den USA, mehr Offenheit vorhanden.
Welche Trends sehen Sie derzeit im Bereich der Kinderwunschbehandlungen? Gibt es spannende Perspektiven?
Ein zentraler Trend in der Kinderwunschbehandlung ist der Wandel von „frischen Zyklen“ hin zu sogenannten „Kryozyklen“. Früher wurde meist direkt nach der Hormonstimulation ein Embryotransfer vorgenommen. Heute entscheiden sich jedoch immer mehr Frauen, die gewonnenen Eizellen einfrieren zu lassen und den Transfer zu einem späteren Zeitpunkt durchzuführen. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in den Zahlen wider: Bereits 36 % der Behandlungen erfolgen mit zuvor eingefrorenen Eizellen mit steigender Tendenz von Kryozyklen.
Diese Veränderung hängt mit gesellschaftlichen Trends zusammen. Viele Frauen werden später im Leben schwanger – sei es, weil sie zunächst ihre Karriere verfolgen, weil der richtige Partner noch fehlt, oder weil sie sich für eine selbstbestimmte Mutterschaft entscheiden. Ein Beispiel dafür ist die Autorin und Moderatorin Sarah Valentina Winkhaus, die öffentlich über ihre Erfahrungen mit einer späten Mutterschaft spricht. Solche Geschichten sensibilisieren und motivieren Frauen, frühzeitig ihre Fruchtbarkeit zu sichern, wenn sie später Mutter werden möchten.