In einer Befragung von Kindern und Jugendlichen zwischen 3 und 17 Jahren (Kinder- und Jugendgesundheitssurvey KiGGS) gaben 20 Prozent der Kinder in einem Zeitraum von drei Monaten mindestens zwei Bauchschmerzepisoden an. Interview mit Dr. Beatrix Schmidt, Fachärztin für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Chefärztin in einem Berliner Krankenhaus.
Woher kommen Bauchschmerzen?
Bauchschmerzen können sowohl ein Hinweis auf schwerwiegende Erkrankungen der Verdauungsorgane sein als auch harmlose Beschwerden ohne zugrundeliegende organische Störung – wobei auch diese das Gesundheitsempfinden und den Alltag der Kinder und Jugendlichen stark beeinträchtigen können.
Bei Bauchschmerzen, die akut oder auch über längere Zeit wiederholt auftreten, müssen diverse organische und auch psychische Ursachen ausgeschlossen werden. Dabei ist es für Familien gerade im Falle chronisch wiederholt auftretender Beschwerden oft schwierig zu entscheiden, wann ein Arzt aufgesucht werden sollte.
Ab wann sollten Eltern unbedingt einen Arzt aufsuchen?
Bei chronischen Bauchschmerzen sollten folgende Symptome als Warnhinweise gewertet werden, bei deren zusätzlichem Auftreten unbedingt eine ärztliche Untersuchung erfolgen sollte:
- anhaltende Beschwerden im rechten Ober- und Unterbauch
- Schluckbeschwerden
- Sodbrennen
- unbeabsichtigter Gewichtsverlust von mehr als zehn Prozent des Körpergewichts
- verlangsamtes oder stagnierendes Längenwachstum
- wiederkehrendes Erbrechen
- chronischer und vor allem nächtlicher Durchfall
- Blut im Stuhl
- unklares Fieber
- Gelenkbeschwerden
- Auffälligkeiten beim Wasserlassen
- Menstruationsstörungen
- nächtliche Schmerzen, durch die das Kind aufwacht
Wie werden Krankheiten der Verdauungsorgane diagnostiziert?
Der erste Ansprechpartner bei unklaren Bauchschmerzen sollte immer der Kinderarzt sein. Wenn sich Hinweise auf eine zugrundeliegende Erkrankung zeigen, dann wird der Kinderarzt eine Mitbehandlung durch einen Kindergastroenterologen in die Wege leiten.
Dies sind Kinder- und Jugendärzte, die speziell ausgebildet sind zur Behandlung von Erkrankungen des Magen- und Darmtraktes, der Leber und Bauchspeicheldrüse sowie zu Fragen der Ernährung von Kindern und Jugendlichen.
Es handelt sich dabei zum Beispiel um Krankheiten wie chronisch entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa), Lebererkrankungen wie Hepatitis oder Fettleber, Erkrankungen der Gallenwege, Bauchspeicheldrüsenentzündungen, Zöliakie, Magenschleimhautentzündung, gastroösophagealen Reflux, chronische Verstopfung, Nahrungsmittelunverträglichkeiten und viele mehr.
Diese Erkrankungen sind abzugrenzen von funktionellen Beschwerden, die nicht auf organische Ursachen zurückzuführen sind und die zu unnötigen Untersuchungen oder Therapieversuchen führen können.
Ein Kindergastroenterologe kann in Zusammenarbeit mit dem Kinderarzt weitere diagnostische Maßnahmen einleiten, hierzu gehören beispielsweise sonographische Untersuchungen (Ultraschall), Laboruntersuchungen oder Magen-Darm-Spiegelungen.
Wird eine organische Erkrankung diagnostiziert, bespricht der Kindergastroenterologe mit den Eltern die Befunde und die Therapiemöglichkeiten. Er begleitet auch die weitere Behandlung des Kindes.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Häufig helfen Medikamente, die kurzfristig, mitunter aber auch über einen langen Zeitraum, also mehrere Jahre hinweg, eingenommen werden müssen. Je nachdem, an welcher Erkrankung das Kind leidet, kommen auch eine Ernährungsumstellung oder eine psychologische Therapie infrage.
Meist werden verschiedene therapeutische Optionen miteinander kombiniert. Ziel der Behandlung ist immer die Beschwerdefreiheit des Kindes, damit es sich ungestört und ohne Einschränkungen entwickeln und wachsen kann, sobald die Krankheit ausgeheilt ist oder (bei chronischen Erkrankungen) möglichst effektiv kontrolliert wird.