Mit “High Five“ liefern die Ärzte Florian Babor und Nibras Naami, besser bekannt als @handfussmund, einen umfassenden Ratgeber für alle, die Kinder erziehen und ihren Sprösslingen den gesunden Start ins Leben erleichtern möchten.
Lieber Herr Dr. Naami, lieber Herr Dr. Babor – Sie sind beide Kinderärzte aus Düsseldorf. Wollten Sie schon immer diesen Beruf ausüben?
Dr. Naami: Während meines Medizinstudiums habe ich die Arbeit mit Kindern entdeckt. Kinder können mit ihrer Art den Tag erhellen. Der Umgang mit schwierigen Situationen ist mit Erwachsenen oft schwieriger und trauriger zu besprechen als mit Kindern. Deshalb habe ich mich gegen Ende meines Studiums für die Pädiatrie entschieden.
Dr. Babor: Bei mir war die Wahl der Fachrichtung auch nicht von Anfang an klar. In einer interessanten Phase meines Studiums schwankte ich zwischen Pädiatrie und Rechtsmedizin. Die Rechtsmedizin war an meinem Studienort Wien ein interessantes und breites Gebiet. Aber nach den ersten Kontakten mit Kindern auf der Kinderstation war für mich klar, dass ich meinen Berufsalltag mit Kindern verbringen möchte. Auch wenn es in der Onkologie & Hämatologie oft traurige Momente gibt, fühlen wir uns berufen, für die Patienten und ihre Angehörigen da zu sein.
Seit drei Jahren gibt es nun Ihren gemeinsamen Podcast „Hand, Fuß, Mund“. Wie entstand die Idee dazu und worum geht es in den Podcast-Folgen? Welche Themen werden am häufigsten von Eltern bei Ihnen angefragt?
Dr. Naami: Wir haben festgestellt, dass es ein großes Spannungsfeld in der Kommunikation zwischen Patienten und Eltern einerseits und den Ärzten andererseits gibt. Oft fehlt den Ärzten einfach die Zeit für eine umfassende Beratung. Nach drei Monaten Vorbereitungszeit startete Ende 2019 die erste Folge und unser Podcast ist aus einer ganz kleinen Nische zu einem der größten medizinischen Podcasts gereift. Anfragen von Eltern kommen vor allem zu Themen wie Infektionen bei Kindern. Außerdem merken wir an den Abrufzahlen unserer Folgen, welche Krankheiten gerade durch die Bundesrepublik fegen. Auch die Ursachen von Symptomen wie Bauchschmerzen und Fieber sind Gegenstand unserer Gespräche. Der dritte große Themenbereich sind unsere Experteninterviews.
Hier sprechen wir oft über Themen, die über die Kindermedizin hinausgehen, wie zum Beispiel Psyche oder Ernährung.
Im Februar ist Ihr eigenes Buch „High Five – Die fünf Säulen einer gesunden und glücklichen Kindheit“ erschienen. Was steckt hinter den fünf Säulen?
Dr. Babor: Mit unserem Buch wollen wir eine ganzheitliche Betreuung aufzeigen, in der wir die 5 Säulen einer gesunden und glücklichen Kindheit herauskristallisieren. Die 5 Säulen sind: Vermeidung schwerer Krankheiten, Stärkung des Immunsystems, gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung bzw. körperliche Aktivität und eine gesunde Psyche.
Dr. Naami: Der Unterschied zu anderen Büchern besteht darin, dass es sich um einen Ratgeber handelt und nicht um ein Glossar, in dem Probleme nachgeschlagen werden können. Das Buch hat einen präventiven Ansatz und soll Eltern helfen, Situationen selbstwirksam anzugehen. Zwischen den Säulen können Verbindungen bestehen, wie z. B. Isolation und psychische Erkrankungen, und sie können auch ineinander übergehen, wie zum Beispiel Bewegung und Ernährung.
Ein sehr spannendes Thema ist auch die vegetarische und vegane Ernährung von Kindern. Warum war es Ihnen wichtig, das in Ihrem Buch aufzugreifen?
Dr. Naami: Die Ernährung ist ein wichtiger Bestandteil der Pädiatrie. Leider lernt man dieses Wissen nicht während des Studiums und auch viele Ärzte selbst sind in diesem Bereich nicht gut ausgebildet. Das große gesellschaftliche Interesse an vegetarischer oder veganer Ernährung hat uns darin bestärkt, Eltern darüber zu informieren. Wichtig ist mir an dieser Stelle zu sagen: Es gibt nicht die eine, gute und richtige Ernährungsweise im Sinne von vegetarisch, vegan, omnivor. Statt in Schubladen oder dogmatisch zu denken, sollten wir anerkennen, dass es immer eine gute und eine schlechte Variante gibt.
Wichtig ist jedoch, dass sich Eltern umfassend informieren.
Stichwort Bewegung – Besonders der Medienkonsum macht vielen Eltern zu schaffen. Haben Sie Tipps, wie man dem entgegenwirken kann?
Dr. Babor: Wenn wir zurückblicken, war das Leben der Kinder vor 50 Jahren anders. Kinder bewegten sich täglich, waren öfter draußen und vor allem gab es weniger Ablenkungen. Heute ist das ganz anders: Jedes Kind ab zehn Jahren hat ein Smartphone und damit die ständige Versuchung, besonders viel Zeit vor dem Bildschirm zu verbringen.
Gerade diese Bildschirmzeit ist der größte Feind der Bewegung. Hier muss man als Eltern aktiv gegensteuern, z. B. indem man den Schulweg zu Fuß zurücklegt, egal welches Zeitmanagement das erfordert.
Auch am Nachmittag kann man den Kindern ein Vorbild sein. Wenn ich als Kind sehe, dass meine Eltern regelmäßig Sport treiben, dann ist es für das Kind ganz normal, dass Bewegung in den Alltag integriert wird. Kinder müssen also nicht in einen Verein gehen. Es reicht, wenn Bewegung fester Bestandteil im Alltag des Kindes ist.
Die psychische Gesundheit ist ein entscheidender Faktor. Der Alltagsstress ist allgegenwärtig und Kinder bekommen das Weltgeschehen über die Medien mit. Wie stärkt man die eigenen Kinder?
Dr. Naami: In den Nachrichten passieren schlimme Dinge und Kinder haben schon früh eine feste Meinung zu Themen, aus denen sich Ängste entwickeln können. Da braucht es Eltern, die die Sorgen nehmen, die Sicherheit und Geborgenheit betonen und immer wieder gezielt nachfragen. Auch das Thema Klima haben wir in unserem Buch aufgegriffen. Unser Tipp für Eltern: Machen Sie Ihrem Kind klar, dass es dieses Thema ernst nehmen und sich entsprechend verhalten muss, gehen Sie zum Beispiel mit Ihrem Kind zu einer Klimademonstration. So wie wir Eltern durch die Themen in unserem Podcast Kraft geben, sollten Eltern auch ihren Kindern dieses Empowerment geben. Letztendlich führt das alles zu dem Punkt der Resilienz, die wir bei Kindern stärken wollen, damit sie mit den Konflikten, die das Leben so mit sich bringt, besser umgehen können.
Dr. Babor: Kinder hören von allen Seiten verschiedene Meinungen. Diese Meinungen werden zum Teil umgeformt oder ungefiltert weitergegeben und das kann zu zusätzlichen Sorgen oder Gedanken führen.
Das Wichtigste ist, mit den Kindern im Gespräch zu bleiben, ihnen immer wieder die Möglichkeit zu geben, Dinge anzusprechen und ein offenes Ohr für die Anliegen und Sorgen der Kinder zu haben.
Kinder müssen wissen: Meine Eltern stehen bedingungslos zu mir und sind mein sicherer Hafen. Das ist eine Beziehung, die ein Leben lang sehr wertvoll ist.
High Five
Die fünf Säulen einer gesunden und glücklichen Kindheit
Ist es normal, dass ein Kind jeden Kita-Virus mitnimmt?
Gegen welche Krankheiten sollte ich mein Kind impfen lassen? Und warum?
Was ist »Nestschutz« eigentlich?
Kann ich mein Kind vegetarisch oder vegan ernähren?
Diese und viele andere Fragen junger Eltern beantworten die Ärzte Florian Babor und Nibras Naami, besser bekannt als @handfussmund, in ihrem Gesundheitskompass.